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Ein Flugzeug fliegt über Transport-Container eines Frachthafens

Tag der Befreiung?

Der 2. April wurde seit Wochen erwartet, Trumps angekündigter „Tag der Befreiung“. Mit seiner protektionistischen Handelspolitik will er die US-Wirtschaft stärken. Bisher ist ihm damit aber genau das Gegenteil gelungen.

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Trump kündigt umfangreiches Zollpaket an

Donald Trump hat gestern umfangreiche Zollerhöhungen angeordnet, die aggressivsten in der jüngeren amerikanischen Wirtschaftsgeschichte. Sein Plan besteht aus zwei Teilen: Erstens wird ein Basiszoll von 10 % auf alle US-Importe erhoben, der am 5. April in Kraft tritt.

Zweitens wird für Länder, die sich nach Trumps Ansicht besonders unfairer Handelspraktiken bedienen, ab 9. April ein erhöhter länderspezifischer Zollsatz anstelle des Basiszolls festgesetzt. Insgesamt betrifft dies 57 Länder, darunter viele der größten Handelspartner der USA. Die neuen Zölle werden zusätzlich zu bereits bestehenden erhoben, aber ohne Berücksichtigung des Basiszolls. Besonders betroffen sind nun Waren aus China, aber auch die EU, Japan, Vietnam und die Schweiz hat er ins Visier genommen. Die Zölle auf chinesische Importe betragen damit zukünftig 54 % (20 % bisheriger Zoll und 34 % reziproker Zoll), die Schweiz wird mit 31 % belegt, Großbritannien mit 10 %. Besonders der Zöllsatz von 20 % auf EU-Exporte in die USA ist beträchtlich.

Bestimmte Volkswirtschaften wie Mexiko und Kanada sowie Produkte wie Halbleiter, Pharmaprodukte, Kupfer, Holzprodukte, einige kritische Rohstoffe, Energie und Energieprodukte sind derzeit vom Basiszoll bzw. den reziproken Zöllen ausgenommen. Hier können Unternehmen jedoch noch von weiteren produktspezifischen Zöllen getroffen werden, die US-Präsident Trump schon mehrfach angedeutet hat.

Bereits jetzt ist der effektive Zoll auf alle US-Importe aber von etwa 2 % auf über 23 % gestiegen, was die Handelspolitik der USA auf ein Niveau von vor über 100 Jahren zurück katapultiert. Die Exporte aus dem Euroraum in die USA machen nur 3 % des BIP des Euroraums aus, die größten negativen Effekte entstehen allerdings aufgrund der Verunsicherung, die auch vor der jüngsten Erhöhung bereits drastisch zugenommen hat. Die US-Wirtschaft spürt dieses hohe Maß an Verunsicherung bereits seit einigen Monaten, in denen sich dieses negativ auf Konsum und Investitionen ausgewirkt und in weiterer Folge zu einer abnehmenden Wirtschaftsdynamik geführt hat.

Heftige Marktreaktionen direkt nach Zollankündigung

Da die reziproken Zölle doch höher ausfielen als vom Markt eingepreist, fällt die Reaktion an den globalen Aktienmärkten sehr deutlich aus. Der vietnamesische Aktienmarkt hat heute mit –6,7 % deutlich im Minus geschlossen, ebenso wie der japanische Nikkei mit –2,8 %. Der chinesische Aktienmarkt hat sich etwas besser gehalten. Europas Börsen starteten den Tag heute im Minus und auch die US-Futures sind am Morgen tiefrot und lassen eine ähnliche Entwicklung erwarten.

Das Staatsanleihesegment hebt sich an turbulenten Tagen wie diesem als „sicherer Hafen“ hervor. Die Renditen 10-jähriger US- und EUR-Staatsanleihen sind leicht zurückgegangen, was auf eine verstärkte Nachfrage hindeutet. Und dies trotz erhöhter US-Inflationserwartungen. Auch Gold bleibt weiterhin gefragt und handelt mit 3.125 US-Dollar pro Feinunze etwas unter den jüngsten historischen Höchstwerten. Auch auf der Währungsseite sind deutliche Bewegungen erkennbar. Der EUR gewinnt gegenüber dem US-Dollar deutlich – und macht sich auf dem Weg in Richtung 1,10. Dies liegt aber an der Abschwächung des Dollars zu vielen Währungen. In Relation zu anderen wichtigen Währungspaaren bleibt der Euro stabil.

Reaktionen und mögliche Gegenmaßnahmen

Trump hat bereits im Vorfeld angekündigt, die gesetzten Zölle seien als Verhandlungsgrundlage zu sehen. Es bleibt damit abzuwarten, ob die Höhe der Zölle für die verschiedenen Handelspartner so belassen werden oder durch Zugeständnisse noch Anpassungen erzielt werden können. Kommt es allerdings zu Vergeltungszöllen wird sich die Zollspirale weiterdrehen und es kann damit gerechnet wer-den, dass Trump die Zölle weiter anhebt. Laut dem Tariff Act von 1930 sichert sich der Präsident die Möglichkeit, neue oder zusätzliche Zölle im Umfang von 50 % zu erheben, wenn einzelne Volkswirtschaften US-Produkte diskriminieren.

In der EU will man nun mit Vergeltungszöllen reagieren – laut EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen wird bereits an einem Paket gearbeitet. Mit den Gegenmaßnahmen sollen die Interessen der EU und der Unternehmen inner-halb der Europäischen Union geschützt werden, falls die Verhandlungen mit den USA scheitern sollten. Auch China hat den USA bereits mit Gegenmaßnahmen gedroht.

Unsicherheitsindex auf Rekordhoch

Quelle: Bloomberg; Stand: 03.04.2025

Eingetrübter Wirtschaftsausblick in USA und Eurozone

Die jüngsten Ankündigungen haben die Unsicherheit und das Risiko eines deutlichen Wirtschaftsabschwunges in den USA deutlich erhöht. Kommen die Zölle wirklich im angekündigten Ausmaß, wird sich eine Rezession in den USA im 2. Halbjahr 2025 nicht vermeiden lassen.

Selbst wenn sie aber lediglich als Verhandlungstaktik dienen, hat Trump die Verunsicherung inzwischen massiv nach oben getrieben. Erkennbar ist dies am Index, der die Unsicherheit rund um die US-Handelspolitik misst und sich auf einem Rekordhoch befindet (siehe Grafik). Aber auch der Rückgang des Verbrauchervertrauens ist inzwischen deutlich, was sich durch eine Zurückhaltung beim Konsum auswirkt, der einen maßgeblichen Teil zur US-Wirtschaftsleistung beiträgt. Die Zölle erhöhen zudem die Preise und wirken inflationstreibend, was die Kaufkraft von US-Konsument*innen verringert. Hinzu kommt die Verunsicherung bei den Unternehmen, die ihrerseits Investitionen zurückhalten. Der CEO-Index, der ein Stimmungsbild innerhalb großer US-Unternehmen zeichnet, deutete ebenfalls deutlich nach unten (siehe untenstehende Grafik). Außerdem haben viele Unternehmen in Erwartung neuer Zölle ihre Lagerbestände deutlich aufgestockt, von denen die Nachfrage in den kommenden Monaten bedient werden kann. Infolgedessen dürfte die Produktion zurückgefahren werden, bis sich die Verunsicherung legt und die Nachfrage wieder anzieht.

Stimmung unter CEOs deutlich eingetrübt

Quelle: Bloomberg; Stand: 03.04.2025

Für die Eurozone haben große Researchhäuser ihre Wachstumsprognosen für dieses Jahr im Schnitt um 0,5 Prozentpunkte nach unten revidiert. Das Inflationsrisiko ist aktuell hingegen geringer als in den USA. Mögliche Vergeltungsmaßnahmen seitens der EU-Kommission sind noch nicht konkret, könnten sich aber inflationsfördernd auswirken. Demgegenüber wirkt die Aufwertung des Euro ggü. dem US-Dollar aber wieder inflationsdämpfend. Durch das geringere Inflationsrisiko in der Eurozone, hat die EZB theoretisch mehr Spielraum, um die Wirtschaft zu stützen. Aktuell werden von der EZB noch zwei weitere Zinssenkungen bis Jahresende erwartet, wobei sich die Wahrscheinlichkeit für drei Schritte seit gestern etwas erhöht hat.

Der geldpolitische Pfad der Fed ist etwas ungewisser, da die negativen Auswirkungen der Zölle auf die US-Wirtschaft noch wenig abschätzbar sind. Bis Jahresende dürften drei Senkungen durch die Fed erfolgen, im Falle einer Rezession könnte der Umfang aber deutlich gesteigert werden. Bei einem aktuellen Leitzins von 4,25-4,50 % besteht genügend Spielraum, ein Risiko bleibt aber ein erneuter Inflationsanstieg durch die Zölle, den die Fed durch zu schnelle Zinssenkungen weiter anschieben würde.

Erhöhte Volatilität an den Finanzmärkten zu erwarten

Die schwer einschätzbare US-Handelspolitik führt – je nach prognostizierter Entwicklung – auch zu stark divergierenden Konjunkturprognosen. Große Unsicherheit unter Investor*innen sowie sich ständig verändernde Konjunkturerwartungen lassen auch an den Aktienmärkten eine erhöhte Volatilität erwarten. Je nach Nachrichtenlage und Entwicklung in der US-Handelspolitik ist in den nächsten Wochen mit verstärkten Ausschlägen sowohl in die eine als auch in die andere Richtung zu rechnen. Zumindest so lange bis mehr Klarheit herrscht, in welche Richtung sich der Handelskonflikt entwickelt und welche konjunkturellen Implikationen dieser auf die einzelnen Volkswirtschaften hat.
Sogenannte „sichere Häfen“ wie Staatsanleihen oder Gold sollten von der vorherrschenden Unsicherheit profitieren, da die Nachfrage weiter steigen sollte. Gold dürfte aufgrund der geopolitischen Lage auch unter den Notenbanken weiterhin gefragt bleiben.

Bedeutung für Ihr Portfolio

In turbulenten Zeiten wie diesen ist ein breit aufgestelltes Portfolio wichtiger denn je. Aus diesem Grund sind wir in den BTV Asset Management Mandaten nicht nur zwischen den Anlageklassen Aktien, Anleihen und Alternative, sondern auch innerhalb der Anlageklassen gut diversifiziert.

Die Entscheidung, die strategische Aktienquote nach der Korrekturbewegung im Februar/März aufgrund der anstehenden Zollankündigungen am 2. April nicht zu erhöhen, hat sich nun bezahlt gemacht. In den nächsten Wochen werden wir die Entwicklungen in der US-Handelspolitik genau beobachten und die Allokationsstrategie dementsprechend anpassen. Sollten US-Rezessionsrisiken aufgrund einer sich zuspitzenden Zollspirale zunehmen ist eine Reduktion der Aktienquote denkbar, ebenso wie sich verbessernde Aussichten für einen attraktiven Aufstockungszeitpunkt sprechen können.

Eine hohe Gewichtung von Staatsanleihen und Unternehmensanleihen guter Bonität auf der Anleiheseite gelten hier weiterhin als gutes Gegengewicht zum Aktieninvestment. Alternative Investments bestehen zum einen aus liquiden Alternativen, die trotz Marktturbulenzen kaum Volatilität aufweisen und beständige Erträge generieren und zum anderen aus unserem Goldinvestment, das von den Unsicherheiten weiter profitieren dürfte. Die Anlageklasse Alternative trägt besonders im aktuellen Umfeld zur Reduktion der Volatilität und Kursverlusten bei und zur Erhöhung der Portfoliostabilität.

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  • Die in diesem Beitrag verwendeten Fach- und Finanzbegriffe werden unter btv.at/glossar ausführlich erklärt.

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