BTV Expertengespräch: Asset Allokation im Fokus

Im Rahmen des private banking kongresses in München nahm Robert Wiesner am Podcast-Tisch von Christian Hammes, Gastgeber von „Das große Bild“ Platz. Im Gespräch werfen Sie einen Blick in den Maschinenraum der BTV. Im Interview lesen Sie welcher Ansatz im Portfoliomanagement verfolgt wird, welche Kräfte auf die Aktienmärkte wirken und was für Robert Wiesner „Stiltreue“ bedeutet.

Auf dem Foto ist der Leiter des BTV Asset Management zu sehen mit dem Zitat: Wir finden überall noch spannende Unternehmen, auch zu vernünftigen Preisen.

Die BTV VIER LÄNDER BANK ist in Österreich, Deutschland und der Ostschweiz aktiv und bedient den Südtiroler Markt vom Hauptsitz in Innsbruck aus. Ab welchem Volumen kommt man normalerweise zu Ihnen – mit Anlagenotstand?

Wir freuen uns, wenn jemand mit Anlagenotstand zu uns kommt. In der Regel starten wir bei 500.000 Euro in der privaten Vermögensverwaltung. Zudem haben wir auch einige standardisierte Mandate, die eher im Bereich von 100.000 Euro liegen. Nach oben sind keine Grenzen gesetzt.

 

Es wurde das Ende der Dispersion, dieser Dominanz der großen amerikanischen sieben und der europäischen Granolas-Aktien, prognostiziert. Aber bisher ist das nicht wirklich flächendeckend passiert. Wie ist Ihre Beobachtung dazu?

Aus unserer Sicht gehören sie weiterhin ins Portfolio. Es sind mitunter die besten Unternehmen, die man global finden kann.
Wir haben zuletzt gesehen, dass diese Werte weiterhin gut performen. Denn besonders in unsicheren Zeiten oder in Zeiten von höheren Zinsen sucht man Unternehmen, die viel Cashflow produzieren, nicht auf Kredite angewiesen sind und stabile Geschäftsmodelle haben. Aus diesen Gründen sind sie für uns weiterhin eine Kernallokation im Portfolio. Aber man sollte nicht nur auf diese setzen. Vielmehr kann man das Portfolio um andere spannende Themen ergänzen.

 

Für Sie gibt es bei diesen Titeln nach oben hin keine Grenzen in der Bewertung, wenn die Unternehmen die ihnen zugedachten Wachstumsraten aufweisen und liefern können?

Ich glaube, das ist immer eine spannende Frage: Was ist ein fairer Preis für solche Unternehmen? Wir würden nicht jeden Preis bezahlen. Wir schauen uns sehr genau an, welche Wachstumsraten eingepreist sind und ob wir diese für realistisch oder übertrieben halten. Man sieht oftmals bei Qualitätsunternehmen, dass diese in den Preis hineinwachsen können. Doch man sollte auch nicht komplett überbezahlen. Viele dieser Unternehmen sind wahrscheinlich fair bewertet, aktuell einige vielleicht etwas überbewertet.

 

Auf den Aktienmarkt wirken verschiedene Kräfte. Dazu zählen die Zinserwartungen, die besonders auf wachstumsstarke Unternehmen überproportional wirken. Wenn wir als Argumentation für die Performance im letzten Jahr die erwarteten Zinsänderungen betrachten und zusätzlich dazu, wie weit die Zinswende in den USA von uns abrückt und wie viele Zinsschritte in diesem Jahr noch zu erwarten sind, haben wir dann nicht zu früh gefeiert?

Ich kann mir gut vorstellen, dass der Markt nach dem tollen Run und durch den Gegenwind auf der Zinsseite etwas konsolidiert. Das ist aus unserer Sicht auch nur logisch, wenn man sich die Historie und die Statistiken ansieht. Die Frage ist: Wo gibt der Investor sein Geld hin? Aktuell lieber aus Segmenten wie Small Caps raus und stattdessen ganz einfach gesprochen in Microsoft und Co. rein. Das erleben wir derzeit.

 

Die zweite Kraft ist die Gewinnentwicklung. Diese war sehr unterschiedlich und ist auch von zyklischen Entwicklungen geprägt. Was wir jetzt feststellen müssen, ist, dass wir uns am Jahresanfang wahrscheinlich mit zu schwachen Wachstumserwartungen für die USA abgegeben haben. Und in Europa sieht es tatsächlich so schlimm aus, wie wir es befürchtet haben, vielleicht sogar ein bisschen schlimmer. Wie gehen wir damit um?

Ich glaube, man muss immer aufpassen und sich fragen, warum Regionen günstig sind. Es gibt Regionen, die dauerhaft günstig bleiben aufgrund von Risiken. Wenn Europa wachstumsschwächer ist, werden wir immer einen gewissen Bewertungsabschlag haben. Wir glauben allerdings nicht, dass man nur auf die Regionen gehen muss. Wir schauen uns viel lieber Unternehmen an und wir finden auch Top-Titel in Europa. Wenn wir dort auf der Einzelaktien-Ebene unterwegs sind, fokussieren wir lieber auf Sektoren und Unternehmen. Wir kommen wirklich von unten, also bottom-up, und stellen das Portfolio zusammen. Wir finden überall noch spannende Unternehmen, auch zu vernünftigen Preisen.

 

Ihr Portfolioansatz ist eher bottom-up- als top-down-getrieben?

Auch hier haben wir verschiedene Kombinationen. Es muss immer dem Investor bzw. den Investorinnen schmecken. Bei Portfolios, die stärker bottom-up-getrieben sind, was die Unternehmensselektion angeht, versuchen wir immer noch, eine gewisse regionale Balance zu erreichen. Wenn der Ansatz zum Beispiel 100 % Europa oder USA ergeben würde, würden bei uns aus Risikomanagement- und Diversifikations-Sicht die Ampeln leuchten. Dementsprechend wird es dann gegebenenfalls ausgesteuert. Wenn wir passive Portfolios bauen, auf ETF-Basis, dann steuern wir verstärkt über Regionen. Indem wir diese über- und untergewichten, wollen wir einen Benefit generieren.

 

Können Sie uns in die Selektion Ihrer Aktien mitnehmen – was macht für Sie interessante Unternehmen für Ihr Portfolio aus oder mischen sie auch verschiedene Aspekte? Wie gehen Sie vor?

Wenn wir auf der Einzelaktien-Seite unterwegs sind, achten wir sehr stark auf die Kapitalrendite, in dem Fall den Cashflow Return on Invested Capital. Vereinfacht gesprochen: Wie viel verdient das Unternehmen pro eingesetzter Einheit Kapital? Wir achten darauf, was die Unternehmen produzieren, und auf die Wachstumsraten. Es müssen keine massiv hohen Wachstumsraten sein, sondern es sollen robuste Unternehmen sein, mit guten, oftmals etablierten Geschäftsmodellen. Allenfalls können wir auch etwas jüngere Wachstumsunternehmen stärker reinnehmen, aber im Portfoliokontext muss es passen. Und wir suchen Unternehmen, die ihre hohen Kapitalrenditen idealerweise auch wieder investieren können. Diese Grundauswahl machen wir selbst im Haus und dann geht es in die qualitative Analyse. Wir rechnen zudem aus, welche Sektoren besonders hohe Kapitalrenditen liefern. In der Regel bekommen diese mehr Gewicht zugeteilt. Darum haben wir einen höheren Technologie- und Healthcare-Anteil. Und eher weniger Gewicht beispielsweise bei Energie oder Materials, den sehr kapitalintensiven Unternehmen, die meistens geringe Kapitalrenditen haben.

 

Können Sie etwas über die Wachstumsentwicklung Ihrer Unternehmen sagen bzw. darüber, wie diese mit dem Zinsschock oder Zinsveränderungen umgegangen sind?

Das Jahr 2022 war natürlich auch für ein solches Portfolio schmerzhaft. Wir sind dort eher im Segment von qualitativ hochwertigen Firmen unterwegs, die oftmals teurere Bewertungen haben, gemessen am KGV. So eine Bewertungskompression, wie wir sie 2022 erlebt haben, hat unsere Portfoliounternehmen ebenfalls stark getroffen. Was wir dann aber in der Folge gesehen haben, vor allem im Jahr 2023, war, dass diese Unternehmen einen starken Rebound gezeigt haben. Aus meiner Sicht auch aufgrund der sehr starken Geschäftsmodelle. Unser Portfolio hat beispielsweise über das ganze Jahr positive Wachstumsraten gehabt. Natürlich sind die nach unten gekommen, teilweise deutlich, aber sie waren positiv und nicht negativ wie das Indexniveau. Wir haben weiterhin sehr hohe Cashflow-Renditen bei den Unternehmen und unser Portfolio hat sehr geringe Verschuldungsraten. Das ist für uns ein sehr wichtiger Schutz, dass die Unternehmen in Zeiten von hohen Zinsen einfach weniger ausgeben müssen für Kredite.

 

Ihr Portfolio bringt also die klassischen Eigenschaften, die ein Quality-Growth-Portfolio hat, mit. Sie hatten im Jahr 2022 keine überraschend hohen Verluste. Und Sie haben nicht den Fehler gemacht, die Zinssensitivität aus dem Portfolio rauszunehmen. Stattdessen haben Sie den Aufschwung und die Aufwertung durch die erwartete Zinswende mitnehmen können.

Genau das ist das Ziel. Wir versuchen immer klar zu kommunizieren, welche Eigenschaften das Portfolio hat. Grundsätzlich sagen wir, das ist ein Portfolio, welches in der langen Frist besser performen sollte. Insgesamt sind es gute Unternehmen mit guten Geschäftsmodellen, vernünftige Margen usw. Alles, was man eigentlich haben möchte, denn wir sind am Ende des Tages Besitzer dieser Unternehmen für unsere Kundinnen und Kunden. Dementsprechend haben wir die Titel gehalten und versuchen dann auch in Phasen, in denen gute Unternehmen zurückkommen, mehr zu kaufen. Das ist auch ein sehr wichtiges Element in unserem Prozess. Wir versuchen die Kapitalallokation so zu gestalten, dass besonders abgestrafte Werte nachgekauft und überbewertete Unternehmen getrimmt werden.

 

Was gibt es außer dieser Ausrichtung für andere Spezifikationen im Aktienbereich? Wie sieht das im Pharmabereich aus?

Wir haben eine Kombination. Wir haben einige „Pillendreher“, die nicht so performt haben. Aber aus unserer Sicht sind diese günstig bewertet, weil momentan viel Negatives eingepreist ist, was die Pipeline betrifft, beispielsweise Patentausläufe und Ähnliches. Da sehen wir noch gewisse Chancen. Einige Werte gerade im MedTech-Bereich oder im Life-Sciences-Bereich haben sich stark erholt und sind jetzt wieder zu ihren alten Bewertungen zurückgekommen. Es gibt immer auf beiden Seiten gewisse Chancen.

 

Und darüber hinaus?

Wir haben natürlich Ergänzungen. Im Bereich Small Caps greifen wir gerne auf externe aktive Manager zurück. Denn unter 5 Milliarden Market Cap und kleiner ist es schwierig, direkt zu investieren, gerade wenn man vielleicht größere Volumina hat. Ich hätte gerne eine Zeitmaschine, das würde mir sehr gut gefallen. Wenn ich zurückreisen könnte, würde ich einige Dinge anders machen und jetzt erst die Small-Cap-Quote erhöhen. Aber wir fahren unsere Quote bei den Small Caps trotz der relativ schwächeren Performance insbesondere im Vergleich zu den Mega Caps jetzt weiter. Wir kennen die Qualität unserer Portfoliounternehmen und dort sind die Bewertungsabschläge noch höher. Das eröffnet Chancen in der mittleren Frist.

 

Also ist die Stiltreue tatsächlich ein wichtiger Aspekt, der sich bei Ihnen durch das Portfoliomanagement durchzieht.

Ja, definitiv. Wir wollen aber nicht den Heldentod sterben und immer fixe Quoten z. B. im Small-Cap-Segment fahren. Wir können uns entsprechend bewegen, aber eine gewisse Grundausrichtung behalten wir bei. Denn auch unsere Kundinnen und Kunden wollen eigentlich nicht von einem Tag auf den anderen komplett die Stile wechseln. Ich glaube, dann wäre ein Ansatz auch nicht mehr nachvollziehbar.

 

Herr Wiesner, vielen Dank für das Gespräch!

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Im Rahmen des private banking kongresses in München nahm Robert Wiesner am Podcast-Tisch von Christian Hammes, Gastgeber von „Das große Bild“ Platz.

 

Zum Glossar und den Erläuterungen von Finanzbegriffen

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Auf dem Foto ist der Leiter des BTV Asset Management zu sehen.

Dr. Robert Wiesner ist Leiter des BTV Asset Managements und seit 2014 bei der BTV VIER LÄNDER BANK tätig. In seiner Funktion ist er für die Erstellung, Umsetzung und Überwachung der strategischen und taktischen Asset Allocation in der BTV Vermögensverwaltung verantwortlich.

Besondere Schwerpunktthemen von Dr. Robert Wiesner sind Aktien als Anlageklasse und die Betreuung von Mandaten. Er besitzt einen betriebswirtschaftlichen Abschluss der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt sowie einen Doktortitel der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck. Zur Pflege des akademischen und praktischen Austausches unterrichtet er regelmäßig an der Universität Innsbruck.

Ausgezeichnete Erfolge

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